Praktische Hinweise beim Abschluss von Versicherungsverträgen

Praktische Hinweise für Verbraucher im Zusammenhang mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen:

  • Besteht eine rechtliche Verpflichtung zum Abschluss eines Versicherungsvertrages?
    • Direkte gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss eines Versicherungsvertrages:
      Grundsätzlich (wichtigste Ausnahme Kfz-Haftpflichtversicherung) besteht für einen Verbraucher keine Verpflichtung, einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Dagegen besteht für eine Vielzahl von Berufsgruppen eine Verpflichtung zum Abschluss eines Versicherungsvertrages (so z.B. für Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Jäger usw).
    • Indirekter Zwang zum Versicherungsschutz:
      Die Rechtssprechung hat indes daneben in einigen Fällen indirekt eine Verpflichtung zum Abschluss eines Versicherungsvertrages vorgeschrieben, da andernfalls Schadensersatzansprüche drohen können. Abgeleitet wird dies aus einer bei § 242 BGB angesiedelten Schutzpflicht bzw. nebenvertraglichen Verpflichtungen im Sinne des § 280 BGB.

      • So ist der Kfz-Halter gegenüber dem berechtigten Fahrer verpflichtet, das Fahrzeug ordnungsgemäß gegen Haftpflicht zu versichern (BGH Versicherungsrecht 64,239 BGH 71,430 Bundesarbeitsgericht 14,228).
      • Insbesondere der Arbeitgeber ist verpflichtet darüber hinaus, den angestellten Fahrer durch eine Kaskoversicherung mit angemessener Selbstbeteiligung gegenüber unter Umständen existenzgefährdenden Ersatzansprüchen zu schützen (OLG Stuttgart NJW 80,1169 LAG Bremen Versicherungsrecht 80,1182 LAG NdsDB 82,2628 anderer Ansicht allerdings BAG NJW 88,2820). Wird eine solche Versicherung unterlassen, geht dies bei der Abwägung gemäß § 611 BGB zu Lasten des Arbeitgebers.
      • Dagegen besteht nach wohl herrschender Meinung für den Arbeitgeber keine Pflicht zum Abschluss eines Rechtschutzversicherungsvertrages (vergl. Arbeitsgericht Karlsruhe BB 86,868) oder einer Feuerversicherung (LAG Düsseldorf DB 90,1468).
      • Der Juwelier muss für die ihm zu Bearbeitung anvertrauten Sachen eine Versicherung gegen Einbruch und Beraubung abschließen (so OLG Frankfurt NJW – RR 86, 107).
      • Der Kfz-Händler ist verpflichtet, eine Kaskoversicherung für Probefahrten abzuschließen (BGH NJW 72,1363; 86,1099). Diese Verpflichtung soll dagegen nicht im Agenturgeschäft oder für Überführungsfahrten gelten. (OLG Hamm Karlsruhe NJW – RR 99,777/79)
      • Der Parkhausbetreiber braucht zu Gunsten seiner Kunden keine Diebstahlsversicherung abzuschließen (OLG Düsseldorf NJW – RR 01,1607).
      • Dagegen muss bei sportlicher Betätigung im erforderlichen Maß für Versicherungsschutz gesorgt werden. Ein Reiterclub muss eine Haftpflichtversicherung abschließen (BGH NJW – RR 86,573). Dagegen soll für den Judoverein keine derartige Pflicht bestehen (LG Münster Versicherungsrecht 89,155).
        “Vorstehende Urteile und Ausführungen sind fast wörtlich zitiert aus Palandt Bürgerliches Gesetzbuch § 242 RdNr. 36″.Bitte beachten Sie, im Einzelfall kann ein Gericht selbstverständlich von der oben zitierten Rechtssprechung abweichen. Dies insbesondere dann, wenn besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen. Ein Gericht ist darüber hinaus aber auch nicht gehindert, entgegen einem anderen oben zitierten Urteil zu entscheiden. Auch sollten Sie immer bedenken, dass die ganze Rechtsentwicklung ständig im Fluss ist und Dinge, die vielleicht vor Jahren so bewertet worden sind, heute anders bewertet werden. Deshalb sollten Sie sich immer im konkreten Fall von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht beraten lassen.Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass die Erstberatungsgebühr regelmäßig sehr gering ist und Sie darüber hinaus von vorne herein mit dem Anwalt eine Gebühr für die Beratung vereinbaren können. Sie können also für ein Beratungsgespräch mit dem Fachanwalt für Versicherungsrecht die Gebühren mit ihm frei vereinbaren.
  • Worauf sollten Sie beim Abschluss eines Versicherungsvertrages achten:
    • Direktversicherer – Agent – Makler ?
      Hier sollten Ihnen die drei wichtigsten Gruppen mit ihren wichtigsten Unterscheidungskriterien geläufig sein:

      • Als Direktversicherer bezeichnet man den Versicherer, der über keinen Außendienst verfügt, sondern direkt per Internet, Telefon oder postalisch kommuniziert.Der Vorteil beim Direktversicherer liegt vor allem darin, dass er in der Regel die Versicherungsleistungen günstiger anbieten kann, weil er insbesondere die Außendienstprovisionen einspart. Der Nachteil besteht in der Regel im Fehlen einer Vor-Ort-Betreuung in einem Gespräch mit einem Vermittler/Betreuer.
      • Der Agent vermittelt Versicherungen, in der Regel für eine (oder auch mehrere) Gesellschaften. Daneben gibt es viele Untergruppen und Varianten u.a. den Vertreter einer Gesellschaft, den Mehrfachagenten, den Gelegenheitsvermittler, den haupt- und nebenberuflichen Vermittler usw.
      • Der Makler. Hauptunterscheidungskriterium ist, dass dieser nicht von einem Versicherer sondern von einem Versicherungsnehmer (also Ihnen) mit der Vermittlung einer Versicherung beauftragt wird (wobei er aber seine Provision direkt vom Versicherungsnehmer oder auch von der Gesellschaft erhalten kann – je nach Vertragsgestaltung). Der Makler schuldet Ihnen in der Regel die Auswahl bzw. Aufrechterhaltung des bestmöglichen Versicherungsschutzes. Er muss als Ihr Sachwalter seinen Rat auf eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und Versicherern stützen, die er im Wege einer objektiv ausgewogenen Marktuntersuchung zu ermitteln hat. An seinem Provisionsinteresse darf sich sein Vorschlag nicht orientieren. Aber Achtung: Diesen gesetzlichen Anforderungen genügen nach unserer sehr subjektiven Einschätzung die meisten Makler gerade nicht. Immer wieder wird der Vertrag vermittelt, bei dem die höhere Provision erwächst.
  • Bestehen Sie beim Vertragsabschluss auf ein Protokoll, wenn der Vertrag vom Agenten oder Makler vermittelt wird. Darauf haben Sie einen Rechtsanspruch!Insoweit zunächst eine Vorbemerkung: Seit 22.05.2007 ist das Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsrechts in Kraft getreten. Danach gilt:
    • Versicherungsvermittler müssen nunmehr klarstellen, in wessen Auftrag sie arbeiten. Sind sie Makler oder Vertreter? Bieten sie keine oder eine eingeschränkte Auswahl (Einfirmenvertreter bzw. Mehrfachagenten)? Sind sie haupt- oder nebenberuflich tätig? usw. (Informationspflicht)
    • Sowohl für den Agenten, wie auch Makler sieht das Gesetz nunmehr umfassende Beratung auf den Einzelfall und den konkreten Anlass bezogen vor. Die Vermittler haben sogar Beratungsbedarf durch Fragen aufzudecken (Beratungspflicht). Eine Verletzung der Beratungspflicht kann Schadensersatzansprüche auslösen.
    • Nunmehr ist im Regelfall der Vermittler verpflichtet, das Gespräch mit dem Kunden vor dem Produktverkauf zu dokumentieren, und seine Empfehlung zu begründen und das entsprechende Protokoll dem Kunden auszuhändigen (Dokumentationspflicht).
      Vorsorglicher Hinweis:
      Bitte beachten Sie: Für bestimmte Sonderfälle, z.B. Großrisiko oder insbesondere Vertragsabschluss unter (ausschließlicher) Verwendung von Fernkommunikationsmitteln gilt Vorgesagtes so nicht.
    • Da im Einzelfall der Kunde auf bestimmte Rechte verzichten kann – insbesondere die Dokumentationspflicht – wird wohl mutmaßlich seitens der Versicherungswirtschaft zukünftig versucht werden, von Ihnen eine Erklärung zu erlangen, wonach vor allem auf Dokumentation (der Information und des Beratungsgespräches) verzichtet wurde.
      Deshalb der wichtigste Hinweis:
      Verzichten Sie auf keinen Fall auf diese Dokumentation!
    • Das oben erwähnte Protokoll ist nur dann ein Fortschritt, wenn es viel, viel individuelle Aufzeichnungen enthält. Sie sollten auf gar keinen Fall auf das Protokoll verzichten. Und Sie sollten unbedingt darauf achten, dass im Protokoll eine umfassende Darstellung Ihrer wirtschaftlichen Situation und der aufgeworfenen Fragen enthalten ist. Aufgenommen werden sollte unter anderem:
    • Die Statusabfrage des Vermittlers (Agent, Einfirmenvertreter Vertreter oder Mehrfachagent). Weiter sollten Sie festhalten, welche zusätzliche Ausbildung und Erfahrung der Vermittler hat. Dazu gehört, ob der Vermittler seinen Beruf haupt- oder nebenberuflich ausübt.
    • Wichtig ist, dass auch Ihre persönliche Situation dargestellt ist. Was Sie verdienen, welche Belastungen Sie haben, welche Verbindlichkeiten bestehen, ob und welche persönlichen Veränderungen anstehen.
    • Unbedingt sollten Sie festhalten, dass Sie eine Rundumberatung gewünscht haben. Also sowohl zum Versicherungsschutz, als auch zur Altersvorsorge, Vermögensaufbau usw.
    • Wird eine Empfehlung für eine bestimmte Versicherung ausgesprochen, sollten Sie darauf bestehen, dass diese Empfehlung auch näher begründet wird.
  • Ziehen Sie zum Beratungsgespräch Zeugen aus Ihrem Lager hinzu.Nach wie vor gilt der Grundsatz:Der Versicherte (also Sie) muss beweisen, dass eine Falschberatung erfolgt ist.
  • Informieren Sie sich selbst:Wer – wie wohl die meisten – mit Versicherungsbegriffen, wie Umorganisation, konkreter Verweisungsberuf, abstrakter Verweisungsberuf, vorvertraglicher Anzeigenpflicht, Obliegenheit usw. nicht gut auskennt, sollte sich die Begriffe eindeutig erklären lassen. Besser ist es natürlich, wenn Sie sich vor dem Beratungsgespräch schon anderweitig informiert haben. Eine weitere Hilfe sind entsprechende Zeitschriften und Bücher. Ein Einstieg sind mit Sicherheit auch die von der Stiftung Warentest herausgegebenen Publikationen, insbesondere das Heft Finanztest.
  • Vergleichen Sie die allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingungen (das Kleingedruckte):
    In dem Zusammenhang ist mit einem, relativ weit verbreiteten Missverständnis aufzuräumen: Die meisten Versicherungsnehmer meinen, dass die Versicherungsbedingungen ja im Wesentlichen alle gleich sind. Das ist so nicht richtig. Es gibt Versicherungsbedingungen wonach z.B. (bei der Berufsunfähigkeitsversicherung) schon geleistet wird, wenn zu 25% Berufsunfähigkeit vorliegt. Es gibt Verträge, die auf eine Verweisungsklausel verzichten. D.h. in dem Fall muss nur nachgewiesen werden, dass man z.B. zu 50% berufsunfähig ist, also den konkreten zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann. Der Versicherer kann dann nicht noch zusätzlich einwenden, man könne ja einen ähnlichen zumutbaren Beruf ausüben. (So aber eine Vielzahl von allgemeinen Versicherungsbedingungen von vielen Gesellschaften). Die Versicherer unterscheiden sich also nicht nur durch die im Versicherungsvertrag auf Seite 1 oder 2 aufgeführten Leistungen, sondern auch im Kleingedruckten.Auch sind die Fragen der Versicherer zum Gesundheitsbereich, also die vorvertraglichen Anzeigepflichten völlig unterschiedlich. Etwas überspitzt ausgedrückt: Es gibt Versicherer, die nur die letzten drei Jahre abfragen. Es gibt solche, die einen präzisen Katalog von Fragen stellen (ein solcher Katalog schützt Sie): Denn wenn in dem Katalog z.B. vermerkt ist: Hatten Sie in den letzten Fragen ein Gastritisleiden, ist für jeden Versicherungsnehmer klar, dass er jetzt ja ankreuzen muss, wenn der Fall vorlag. Gefährlich sind dagegen vor allem nicht die präzisen Fragen, sondern die pauschalen Fragen, wie z.B: “Hatten Sie in den letzten 5 Jahren Beschwerden.”
  • Beachten Sie die Regulierungspraxis des Versicherers:
    In dem Zusammenhang auch ein weiterer Punkt, den wir subjektiv für sehr, sehr wichtig halten, der aber oft in Preisvergleichen über Versicherer nicht auftaucht:Die Regulierungspraxis: Es gibt durchaus einige Gesellschaften, die sehr restriktiv in der Regulierung sind. Dem gegenüber stehen Gesellschaften, die auch in Zweifelsfällen schnell regulieren. Direktversicherer bieten in Regel natürlich den gleichen Versicherungsschutz zu einem günstigeren Preis. Erkundigen Sie sich aber auch, ob die Regulierungspraxis dieser Direktversicherer mit denen von anderen Gesellschaften vergleichbar ist.Ein Versicherer, der nicht zahlen will, hat breit gefächerte Möglichkeiten Einwendungen zu erheben, er kann Sie in einen jahrelangen Prozess hineinziehen, er verfügt auch über ein gutes Netz von Sachverständigen und Ärzten, usw. Daher sollte die tatsächliche Regulierungspraxis nicht unterschätzt werden. Was nützt eine günstige Gesellschaft, die Ihnen in der Regulierung eine Hürde nach der anderen aufbaut.Endlich spielt die – hoffentlich kompetente – Betreuung durch einen Vermittler nach dem Schadensfalle eine wichtige Rolle.