Welche Rechte hat der Beschuldigte gegenüber der Polizei und der Staatsanwaltschaft?
- Ein Geständnis entgegennehmen, nachdem der Beschuldigte 30 Stunden keine Gelegenheit zum Schlafen hatte (Urteil BGHSt 13,60);
- Mit der Verhaftung drohen für den Fall des weiteren Leugnens (Urteil BGH MDR 1971, 18);
- Einen gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteil versprechen z. B. Entlassung aus der Untersuchungshaft bei Ablegen eines Geständnisses, obwohl das Geständnis die Fluchtgefahr im konkretem Fall nicht beseitigen konnte (Urteil BGHSt 20, 269);
- Den Beschuldigten an der Unfallstelle vernehmen, selbst wenn dieser unter Schockeinwirkung steht oder dessen freie Willensentscheidung durch Alkohol oder Rauschmittel ernsthaft beeinträchtigt ist (LG München StV 1981, 613);
- Eine freundschaftliche Gesinnung vorspiegeln, die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist oder eine 24-stündige Vernehmung ohne Schlaf durchzuführen, ohne dass dies als verbotene Vernehmungsmethode angesehen wird (BGH NStZ 84, 15).
- Wenn die Belehrung über das Recht des Beschuldigten zu schweigen bewußt unterblieben ist, kann eine Täuschung i. S. v. § 136 a STPO bejaht werden (LG Stuttgart NStZ 1985, 568). Dann ist die Aussage unstreitig nicht verwertbar.
- Bei nur fahrlässiger Nichtbelehrung soll durch “Wertung” (Abwägung im Einzelfall) ermittelt werden, inwieweit eine Verwertung zulässig ist. Es kann aber heute davon ausgegangen werden, dass grundsätzlich und generell auch in diesem Fall ein Verwertungsverbot besteht (BGH Urteile: NJW 1992, 1463 und NJW 1996, 1547 sowie NJW 1996, 2242). Davon gibt es u. a. einige Ausnahmen, z. B.:
- wenn der Beschuldigte trotz Belehrung ausgesagt hätte
- wenn der Beschuldigte sein Recht gekannt hat
Dieses Recht besteht uneingeschränkt: “Der Versuch des Beschuldigten, Verbindung zu seinem Verteidiger aufzunehmen, darf nicht erschwert oder verhindert werden.” (BGH NJW 1993, 338). So hat z.B. der Bundesgerichtshof entschieden, dass es unzulässig ist, Scheinaktivität vorzuspiegeln.
So wurde das bloße Überlassen eines Branchentelefonbuchs, in dem sich eine sehr große Zahl von Eintragungen befindet, jedenfalls bei einem der deutschen Sprache nicht mächtigen Beschuldigten als ungeeignet eingestuft, zumal dem Beschuldigten die Telefonnummer des anwaltlichen Notdienstes nicht mitgeteilt worden ist.
Gesetzlich geregelt ist dies nun auch in dem seit 05.09.2017 geändert geltenden §163a StPO, der nunmehr unter Verweis auf §168c Absatz 1 und 5 StPO klarstellt, dass dem Verteidiger grundsätzlich – wie bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten – bereits ab der ersten polizeilichen Vernehmung die Anwesenheit gestattet werden muss.
Auch hier gilt: Der Widerruf ist jederzeit und uneingeschränkt möglich.
Allerdings gibt es komplizierte Regelungen wann, wo und wie auch ein widerrufenes Geständnis in der Beweiswürdigung zu werten ist.
Frau Rechtsanwältin Marion Zech, Fachanwältin für Strafrecht, Herr Rechtsanwalt Roland Aigner.